Post-Mortem II – Warum es für Biden keineswegs brenzlig wurde: Analyse & Ausblick

Zeit für einen letzten Rückblick auf die US-Wahl und das Folgegeschehen, bevor ich mich eine lange Weile mit ganz anderen Themen beschäftigen werde.

Offensichtlich lag ich mit meinem letzten Blogpost kurz nach der Wahl falsch: Biden ist jetzt US-Präsident, und es wurde rechtlich zu keinem Zeitpunkt eng für ihn. Das hat verschiedene Gründe, auf die ich noch einmal kurz eingehen will – und auch darauf, wie es mit Trump, den Republikanern und den Demokraten weitergeht.


I. Das gerichtliche Nachspiel: Wahlbetrug oder kein Wahlbetrug?

Ich bin nach wie vor der Meinung, dass Bidens Wahl unter statistisch fragwürdigen Umständen zustande kam. Im letzten Blogpost habe ich in Sektion II über Indikatoren für Wahlbetrug geschrieben, und nichts davon wurde in den zahlreichen Gerichtsverhandlungen entkräftet.

Allerdings aus anderen Gründen, als ich erwartet hätte: Das lag vor allen Dingen daran, dass sich die Gerichte in keinem der wichtigen Verfahren wirklich mit der Beweislage auseinandergesetzt haben, stattdessen wurde jedes relevante Gerichtsverfahren aus formellen Gründen abgewiesen[1].

Das muss man letztlich so akzeptieren, doch wäre es vermutlich für alle Beteiligten besser gewesen, wenn insbesondere der Supreme Court sich nicht davor gedrückt hätte, die Beweislage zu würdigen und dann in der einen oder anderen Richtung zu entscheiden[2].

Das wichtigste Gerichtsverfahren in diesem Zusammenhang war die Klage des Staates Texas beim Supreme Court, in der es nicht einmal um Wahlbetrug ging – sondern nur darum, dass die Staaten Wisconsin, Michigan, Georgia und insbesondere Pennsylvania mit verschiedenen gesetzlichen Änderungen zur Durchführung der Wahl gegen ihre eigenen Verfassungen verstoßen hatten. Der Supreme Court wies auch diese Klage aus formalen Gründen ab, womit klar war, dass auf gerichtlicher Ebene nichts mehr passieren würde.

Ein Unterschriftenabgleich fand nie statt

Was sehr leicht möglich gewesen wäre, aber dennoch in keinem der Staaten passiert ist, sind sogenannte signature audits, Unterschriftenprüfungen also. In den USA schicken Briefwähler ihre Wahlzettel in einem unterschriebenen Umschlag ein. Bei der Auszählung werden Wahlzettel und Umschläge zwar getrennt (um die geheime Wahl zu wahren), allerdings müssen die Umschläge aufgehoben werden.

Das ermöglicht die genannten signature audits, bei denen die Unterschrift auf dem Umschlag mit der im System gespeicherten Musterunterschrift des Wählers abgeglichen wird. Zwar kann man bei einer solchen Unterschriftenprüfungen offensichtlich nicht mehr überprüfen, für welchen Kandidaten abgestimmt wurde (also ob ein großer Anteil von Stimmen mit falschen Unterschriften an Biden oder Trump ging), allerdings ist das auch gar nicht nötig.

Sobald nämlich im Rahmen der Unterschriftenüberprüfung mehr Stimmen fragwürdig sind, als der Wahlsieger an Vorsprung hat, bietet das hinreichend Anlass für eine Neuauszählung. Unter der Voraussetzung, dass alles mit rechten Dingen zuging, wäre eine solche Überprüfung ganz besonders im Interesse des jetzigen Präsidenten Bidens gewesen, weil es ihm mit Ausnahme von ein paar Unverbesserlichen sehr viel mehr Legitimität in der Gesamtbevölkerung verschafft hätte. So wird ein substantieller Teil der Wähler denken, dass er die Wahl gestohlen hat.

Tatsächlich betrifft das auch einen nicht unwesentlichen Teil demokratisch registrierter Wähler:


II. Das politische Nachspiel

Es ist vollkommen richtig, dass in Georgia und Wisconsin eine Neuauszählung dennoch stattfand – allerdings gab es dabei eben keine neue Überprüfung der Unterschriften, es wurden lediglich noch einmal alle Stimmen von Hand ausgezählt, was immerhin einen zählbaren Effekt hatte – und zwar bezüglich der Dominion-Theorie.

1. Das Ende der Dominion/Hammer & Scorecard Theorie

Im letzten Blogpost hatte ich in der dritten Sektion über Dominion und Hammer & Scorecard geschrieben, diesen Teil aber auch explizit damit eingeleitet, dass dieser Punkt in den Bereich Verschwörungstheorie gehört. Verschwörungstheorien bedeuten für mich nicht automatisch, dass es sich dabei um Murks handelt (man denke an Edward Snowden), allerdings hat sich diese Episode mittlerweile als solcher entpuppt.

Das ist etwas, was die Neuauszählung von Hand definitiv bewiesen hat: Wäre an der Dominion-Theorie von elektronischer Stimmmanipulation etwas dran gewesen, dann hätten die von Hand ausgezählten Ergebnisse grundlegend anders ausfallen müssen. Das war nicht der Fall, also handelte es sich dabei um ein Hirngespinst.

Faszinierend daran war, dass insbesondere die Anwältin Sidney Powell (die davor mal einen guten Ruf besaß) sich in dieser Sache so sehr ins Zeug legte, und ursprünglich auch als Teil von Trumps Anwaltteam genannt wurde; allerdings dauerte es nach Veröffentlichung meines Blogpost nicht mehr lange, bis die Trumpkampagne sich demonstrativ von ihr distanzierte.

2. Nicht jede Klage zugunsten von Trump kam ihm zu Gute

Viele der gerichtlichen Klagen (nicht nur die von Sidney Powell) stammten gar nicht von Trump, und viele davon dürften seiner Sache tatsächlich eher geschadet haben. Etwa zwei Wochen nach der Wahl wurde zunehmend offensichtlich, dass insbesondere Powell und Lin Wood ihre vermeintlichen Beweise primär aus dem Q-Anon-Lager bezogen[3], was auch auf die ernsthaften Klagen ein schlechtes Licht warf – und eben nicht nur den Gerichten, sondern auch politischen Akteuren, die Trump nicht helfen wollten, die Sache deutlich leichter machte.

Der Fokus auf Unterschriftenüberprüfungen in Trumps Anwaltsteam kam möglicherweise etwas zu spät – und erst, als bereits wertvolle Zeit und Ressourcen sinnlos vergeudet worden waren. Ernsthafte Gefahr für Biden ging letztlich nur noch von der Klage des Staates Texas beim Supreme Court aus, die aber wie bereits erwähnt und leicht überraschend schlicht nicht zugelassen wurde.

3. Die Establishment-Republikaner konnten Trump nicht schnell genug loswerden

Insbesondere wurde am politischen Nachspiel deutlich, dass das Establishment der republikanischen Partei sehr froh war, Trump einigermaßen elegant loswerden zu können. Während Bush nach seiner umstrittenen Wahl 2000 auf die volle Unterstützung seiner Partei zählen konnte, wo immer er sie benötigte, war das bei Trump nicht der Fall. Nirgendwo wurde das deutlicher als in Georgia, wo der republikanische Governor Brian Kemp zwar eifrig neu auszählen ließ, aber tunlichst zu verhindern wusste, dass es dabei zu Unterschriftsüberprüfungen kam.

Auch in den anderen fraglichen Staaten bekam Trump keinerlei Unterstützung, nicht einmal von der republikanischen Seite. Neben den Gouverneuren verfügen nämlich auch die Staatslegislaturen über Möglichkeiten, den Wahlprozess näher zu untersuchen und gegebenenfalls bestimmte Maßnahmen einzuleiten – und diese waren in den betroffenen Staaten weitgehend republikanisch dominiert.

4. Woran Trump letztlich gescheitert ist

Im Kern wurde Trump die mangelnde institutionelle Unterstützung zum Verhängnis. Nicht nur, dass ihn weite Teile seiner eigenen Partei im Stich ließen; das selbe gilt auch auf richterlicher Ebene. Richter werden in den USA häufig politisch berufen; und nicht wenige der Klagen der Trumpkampagne wurden explizit von Richtern abgewiesen, die durch die Trump-Administration berufen wurden.

Auch am Supreme Court wurde das mehr als deutlich: Keiner der von Trump vorgeschlagenen neuen Richter stimmte beispielsweise dafür, die Texas-Klage auch nur zu verhandeln. Gleichermaßen hielt sich die gegen erhebliche politische Widerstände kurz vor der Wahl berufene Amy Coney Barrett vornehm zurück, als es darum ging, aus Sicht der Trump-Administration ungünstige Veränderungen der Wahlregeln (insbesondere in Pennsylvania) zu blockieren.

Um es klar zu sagen: Daran ist Trump in letzter Konsequenz selber schuld. Dass er auf Akteure setzte, die ihm gegenüber alles andere als loyal waren, war ein wiederkehrendes Muster seiner Amtszeit. An vermutlich keinem trat das klarer zu Tage als bei seinem Vizepräsidenten Mike Pence, der seinerseits verschiedene Möglichkeiten gehabt hätte, Trump zur Seite springen – aber daran nicht nur keinerlei Interesse hatte, sondern Trump bis zuletzt vorenthielt, wie er am 6. Januar handeln würde.

Das hätte Trump nicht unbedingt überraschen müssen, weil Pence schon während der für Trumps Kandidatur fast fatalen All-Access Affäre keinerlei Anstalten machte, auszuhelfen. Pence war Trumps Bindeglied zum politischen Establishment, weshalb Trump das wohl in Kauf nahm – doch letztlich agierte er gerade im Umgang mit vermeintlichen Parteifreunden zu naiv, und wurde in der Stunde der Not dann auch prompt sitzen gelassen.


III. Wie es für Trump und die Republikaner weitergeht

All das wird keineswegs das Ende der Trump-Ära bedeuten – möglicherweise geht es jetzt erst richtig los, jedenfalls sprechen verschiedene Indikatoren dafür schon jetzt.

1. Die republikanische Partei wird populistisch oder verschwindet in der Bedeutungslosigkeit

Die Bemühungen des republikanischen Establishments, Trump möglichst schnell loswerden zu wollen, deuten vor allem auf eines hin: Es herrscht der Irrglaube, dass mit Trump auch die populistische Bewegung verschwindet, an deren Spitze er sich gesetzt hat. Ferner hält sich wohl auch hartnäckig die Illusion, dass die von Trump geschmiedete Wählerkoalition weiterhin republikanisch wählen wird, selbst wenn Trump politisch Geschichte ist. Dass das eine Fehlkalkulation ist, wurde bereits an der Senatswahl in Georgia deutlich, die den Republikanern prompt den Senat kostete – weil zu viele enttäuschte Trump-Anhänger zu Hause blieben.

In meinen Augen haben die Republikaner nur eine Überlebenschance: Sie werden eine populistische Partei. Denn Trump hat sich lediglich an die Spitze dieser populistischen Bewegung gesetzt, er hat sie nicht ursächlich hervorgebracht. Das bedeutet notwendigerweise, dass das Problem nicht verschwindet, nur weil Trump weg vom Fenster ist. Möglicherweise wäre eine andere Führungsfigur weniger effektiv, aber so oder so wird die alte republikanische Partei à la McCain oder Romney keine Zukunft haben[4].

2. Trumps Drittpartei-Drohung

Dafür wird nicht zuletzt Trump selber sorgen. Seit seiner Verbannung von Twitter kommuniziert er fürs erste nur noch indirekt, aber in jedem Fall ließ er durchsickern, dass er über die Gründung einer Drittpartei nachdenkt – der sogenannten Patriot Party. Das ist für meine Begriffe nicht seine wirkliche Absicht, sondern eher eine clevere Drohung, die ihm als Faustpfand dient. Denn wenn er diese Drohung wahr macht, kann er definitiv verhindern, dass die Republikaner als politische Partei relevant bleiben.

Es wird vermutlich kaum sein Plan A sein, weil es dann auch für ihn schwer sein dürfte, noch einmal gewählt zu werden, denn dann bleiben für ihn vermutlich zu viele Stimmen althergebrachter Wähler der Republikaner auf der Strecke. Die beste Strategie für Trump bleibt, die republikanische Partei auf seine Linie zu bringen und sich so weitere institutionelle Unterstützung zu sichern, die er diesmal nicht in hinreichendem Ausmaß hatte.

Eine Strategie dabei wird sein, Trump-Getreue in den Vorwahlen gegen republikanische Kongressabgeordnete und Senatoren ins Rennen zu schicken, die seit der Wahl mit Trump gebrochen haben.

Ansonsten sollte man auch nicht unterschätzen, dass Rache schon immer eines von Trumps Lieblingshobbys war, wie er zum Beispiel in seinem Buch The Art of The Deal ausgeführt hat.


Dass Trump die Patriot Party ins Spiel gebracht hat, stützt in jedem Fall meine These, dass er weiterhin sehr aktiv mitmischen will.

3. Konkrete nächste Schritte Trumps

Die nächsten Schritte Trumps in Vorbereitung einer möglichen Kandidatur für 2024 dürften konkret so aussehen:

3.1 Trump TV

Ich vermute, dass Trump zunächst an seiner Kommunikationsinfrastruktur arbeiten wird. Der erste logische Schritt ist dabei, Fox News ins Visier zu nehmen und mit einem eigenen Fernsehsender vom Markt zu drängen. Es wird ihm sicher eine Herzensangelegenheit sein, Rache an Fox News und Murdoch zu nehmen, weshalb ich Trump TV für eine Zwangsläufigkeit halte. Das verschafft ihm einerseits eine neue Möglichkeit zur politischen Einflussnahme, und ist zugleich auch eine potentielle Einnahmequelle. Fox News hat schon jetzt erheblich an Zuschauern verloren, was viel mit der Verbitterung von Trumps hartem Anhängerkern zu tun hat.

3.2 Trump Twitter

Twitter hat Trump ausgesperrt, und zwar während er noch Präsident war. Das ist durchaus heikel, und hat einige andere Staatschefs alarmiert (darunter Angela Merkel). Diesen ist nämlich durchaus klar, dass das einen problematischen Präzedenzfall schafft, völlig unabhängig davon, was man von Trumps Twitterpräsenz sonst so gehalten haben mag. Diesen Schritt kann man langfristig durchaus als strategischen Fehler werten. Die überhastete Maßnahme hatte (vermute ich) den Zweck, Trump auszuperren, bevor dieser selber auf Twitter verkünden konnte, wohin er abwandert.

Im Gespräch waren verschiedene Platformen, und auch die Möglichkeit, dass Trump selber eine schafft. Da Trump aber nun einmal Trump ist, wollte er wohl seine Abwanderung nicht bekanntgeben, bevor er nicht einen entsprechenden Deal ausgehandelt hat – wo immer er letztlich landet, er wird es sich mit einer Beteiligung vergüten lassen, oder eben selber Herr im Hause sein.


IV. Biden und die Demokraten

Wie es mit Biden und den Demokraten weitergeht, ist mir aufgrund des hohen Alters Bidens weitaus weniger klar. Da er vermutlich keine weitere Amtszeit anstrebt, kann ihm natürlich herzlich egal sein, wie populär seine Maßnahmen sind, was ihm viel Handlungsspielraum geben kann. Seine Mehrheiten im House und Senat sind allerdings sehr knapp. In einer normalen Situation müsste er damit rechnen, in den Midterms beide Kammern an die Republikaner zu verlieren.

Doch da die Republikaner dann inmitten eines Parteibürgerkriegs stecken werden, ist das alles andere als absehbar, und wird dementsprechend sehr stark von Trumps konkreten Plänen abhängen. Das kann also durchaus ein möglicher Ausgangspunkt für Wetten auf die Midterms 2022 sein, denn normalerweise fährt die Oppositionspartei in den Midterms sehr gute Ergebnisse ein.

Den Demokraten wird wahrscheinlich ebenfalls ein interner Krieg bevorstehen: Bisher war die Partei in ihrer Ablehnung Trumps zwangsvereinigt, doch dieser Faktor fällt jetzt weg. Übrig bleibt eine Partei mit extrem unterschiedlichen Flügeln und vielen Führungsfiguren, die ihrerseits ihre Chance wittern dürften, 2024 anzutreten. Dass Kamala Harris die Nominierung 2024 gewinnt, halte ich eher für unwahrscheinlich, weil sie wenig beliebt ist – weshalb sie 2019 ziemlich sang- und klanglos aus dem Rennen gegen Biden ausschied, obwohl sie auf dem Papier die ideale Kandidatin war.

Langweilig wird es in jedem Fall nicht werden.


V. War die Wette auf Trump eine gute Wette?

Auch wenn die Wette auf Trump verloren hat, bin ich dennoch nach wie vor zufrieden damit, die Wette abgegeben zu haben. In letzter Konsequenz hat Trump die Wahl nur knapp verloren, am Ende waren es über die entscheidenden battleground states hinweg gerade einmal knapp 43.000 Stimmen, die den Unterschied machten[5] – also weniger Vorsprung noch als bei Trumps Wahl im Jahr 2016.

1. Die Umfragen

Der wichtigste und schwierigste Teil der Analyse betraf die Umfragen; laut diesen hätte Biden die Wahl mehr als deutlich gewinnen müssen. Wie von mir vorhergesagt lagen die Umfragen damit völlig falsch. Stattdessen wurde es ein extrem enges Rennen, das auch mit den offiziellen Zahlen erst Tage später entschieden war.

Ich leite daraus für mich ab, dass die Wettquoten in der Tat falsch waren, und ausgehend von den offiziellen Zahlen mit ca. 50/50 (also Wettquoten um 2.00) korrekt gepreist gewesen wären. Auch im Nachhinein war Trump damit die eindeutige Value-Wette für mich.

Als guter Schritt hat sich für mich erwiesen, auch in den einzelnen Staaten auf Trump zu wetten. Da Trump in Florida, North Carolina, Texas und Ohio gewann, bekam ich insgesamt ziemlich genau 50% meiner Einsätze wieder zurück. Mein größter Fehler war, nicht mehr in Florida zu wetten. Das hatte ich weitgehend ausgelassen, weil ich davon ausging, dass Trump bei einem Sieg in Florida auch die Wahl gewinnen würde.

2. Was wir aus den Umfragen fürs nächste Mal lernen

Die für mich wichtigste Erkenntnis ist, dass sich genau die Umfrageinstitute bewährt haben, denen ich auch schon vor der Wahl vertraut habe. Nate Silver beispielsweise hat sich in meinen Augen bis auf die Knochen blamiert, und ähnliches gilt für weite Teile der Branche. Ob das reines Unvermögen oder schon politischer Aktivismus ist, weiß ich letztlich nicht – aber insbesondere die Wisconsin-Umfrage von ABC, die Biden mit 17 (!) Prozentpunkten vorne sah, ist an (offensichtlicher) Lächerlichkeit kaum noch zu überbieten.

Quelle: ABC News/Washington Post Polls

Das offizielle Endergebnis: Biden gewann mit 0.7% Vorsprung in Wisconsin und 2.8% Vorsprung in Michigan.

Da aber Biden die Wahl letztlich gewonnen hat, wird die Branche mit diesem Vorhersagedesaster durchkommen; wie beim Wetten und Pokern kann man auch bei Umfragen mit schlechter Arbeit und aus den falschen Gründen richtig liegen. Wir können also damit rechnen, dass die Umfragen 2022 und 2024 von ähnlich miserabler Qualität sind, mit der Ausnahme von ein paar wenigen Instituten. Gut möglich also, dass es auch dann wieder viele Möglichkeiten zum Wetten geben wird.

Die Frage ist auch, wie sehr sich die politischen Akteure von den weitgehend von der Realität losgelösten Umfragezahlen blenden lassen werden. Mit Bidens Zustimmungsrating mit Fantasiewerten von 60+% gibt es bereits einen ersten Vorgeschmack. Wen realistischere Zahlen interessieren, dem sei empfohlen, sich in den nächsten vier Jahren an Rasmussen zu orientieren (wo Biden im Moment bei 48% steht, grob auf Trumps Niveau zum selben Zeitpunkt).


Fußnoten

[1] Das betraf insbesondere alle von der Trumpkampagne direkt angestrengten Verfahren, sowie die Klage, die Texas beim Supreme Court einbrachte.

[2] Tatsächlich war die Entscheidung der Gerichte, gar nicht zu entscheiden, bei weitem nicht das schlechteste mögliche Ergebnis für Trump. So bleibt das Narrativ, Trump sei um seinen Sieg gebracht worden, für immer erhalten – woraus er später noch politisches (und vielleicht auch noch anderes) Kapital schlagen kann.

Das schlechteste Szenario für Trump wäre eine Verhandlung gewesen, die diese Frage klipp und klar verneint hätte.

[3] Über QAnon werde ich in Bälde noch etwas schreiben, das Thema ist auf vielen Ebenen sehr interessant. Lustigerweise wurde ich von einem wohlmeinenden Menschen auf Twitter als QAnon-Anhänger bezeichnet. Das ist faktisch falsch, und nur Verschwörungstheoretiker würden so etwas behaupten.

[4] Diese Version der republikanischen Partei wurde mit der Bush-Ära zu Grabe getragen – und ohne Trump wären die Republikaner auch in absehbarer Zeit nicht mehr an die Macht zurückgekehrt.

[5] Bidens offizieller Vorsprung an Stimmen in Arizona, Wisconsin und Georgia liegt in der Summe bei etwas weniger als 43.000 Stimmen. Wären diese Staaten an Trump gegangen, hätten beide Kandidaten jeweils 269 Wahlmänner hinter sich vereinigt.

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