Die Gamestop-Episode zeigt, warum der Dezentralisierung die Zukunft gehört

Die Gamestop-Episode zeigt, warum der Dezentralisierung die Zukunft gehört

Der vielleicht spannendste Teil der jüngsten Gamestop-Episode, die nebenher auch noch AMC, Nokia und ein paar andere gehandelte Aktien umfasst, ist für mich die Reaktion des Finanz-Establishments darauf: Zensur, geheime Absprachen und Limitierung. All das zeigt mir: Dezentralisierung ist die zwangsläufige Zukunft.

Man kann natürlich argumentieren, dass die gegenwärtigen Valuationen von Gamestop & Co nur für sich betrachtet nicht gerechtfertigt sind. Aber das ist eben nur ein Teil der Geschichte – genauso wichtig ist, wie es dazu kam.

Was ist nüchtern betrachtet eigentlich passiert?

Die Establishment-Fraktion argumentiert im Wesentlichen, dass es keine fundamentalen Gründe dafür gibt, dass die Gamestop-Aktie so hoch gestiegen ist.

Der Gamestop Aktienkurs der letzten 5 Tage

Ich denke allerdings, dass es sehr wohl einen solchen Grund gibt: Melvin Capital hat mehr als 100% der öffentlich verfügbaren Aktien leer verkauft140%, um genau zu sein. Dieses unnatürliche Verhalten erst hat zu einer Gelegenheit für den jetzigen Short Squeeze geführt.

Der Aktienmarkt ist nun einmal in erster Linie genau das, ein Markt für Aktien. Bei einem Leerverkauf müssen die offenen Positionen durch einen Rückkauf der Aktien zum Marktpreis wieder „glattgestellt“ werden. Es ist leicht zu sehen, wie ein zwischenzeitlich um 700% gestiegener Aktienpreis hier zu Problemen führt, insbesondere, wenn man mehr als 100% aller verfügbaren Aktien zurückkaufen muss.

Man könnte auch sagen: Melvin Capital ist selber schuld, zumal all das nicht mit dem eigenen Kapital geschieht, sondern mit dem ihrer eigenen Kunden.

Finanzpopulismus

Neu an dieser Situation ist, dass der Plebs in Form des Subreddits r/WallStreetBets diese Gelegenheit, die durch den 140% Leerverkauf erst geschaffen wurde, koordiniert genutzt hat. Man könnte die Sache also auch als eine gesunde Marktreaktion auf defekte Geschäftspraktiken diverser Hedgefonds bezeichnen.

Stattdessen reagiert das Finanzestablishment mit dem Vorwurf von Insider Trading. Was natürlich lächerlich ist, denn die Koordination auf r/wallstreetbets und dem WallStreetBets Discord-Server war per Definition öffentlich (genauso wie die für die Trades verwendete Information), was für mich das exakte Gegenteil von Insider Trading ist. Sondern eher so etwas wie eine sehr intelligente fundamentale Marktanalyse.

Vor diesem Hintergrund sollte man sich auch vor Augen führen, dass Wall Street Hedgefonds sogenannte idea dinners veranstalten. Bei diesen trifft sich typischerweise etwa ein Dutzend hochrangiger Manager, um bei einem Glas gräßlich teuren Weines zu besprechen, welche Aktien man wohl am Besten kaufen sollte, um das Besprochene dann in die Tat umzusetzen. Nichts daran unterscheidet sich vom Verhalten der WallStreetBets-Community.

Die Rolle der Medien

Ausgesprochen interessant fand ich die Rolle, die CNBC als Vertreter der Medienlandschaft spielte. hier ein Clip, der den wesentlichen Grundtenor gut repräsentiert:


CNBCs Reflex bestand also vor allem darin, die Rolle des institutionellen Establishments zu verteidigen, und die beteiligten kleinen Investoren wahlweise als Finanzmob oder „unsophisticated investors“ zu bezeichnen – Investoren also, die nicht wissen, was gut für sie ist. Für mich ist hier ein roter Faden sichtbar, der sich auch durch die politische Arena zieht.

Weite Teile Medienlandschaft haben sich im Westen mittlerweile sehr weit von der allgemeinen Bevölkerung entfernt und halten sich zu großen Teilen in ihrer eigenen Filterblase auf. Und was noch schlimmer ist: Es fehlt nicht selten der nötige gesunde Abstand zum Gegenstand der Berichterstattung – der Politik oder der Finanzwelt etwa.

Der klassische Beißreflex: Zensur, geheime Absprachen und Limitierung

Auch andere klassische Beißreflexe des Establishments sind im Rahmen der Gamestop-Episode zu beobachten: Der WallStreetBet Discord-Server wurde dicht gemacht, und auf verschiedenen Plattformen wie Robinhood wurde der Handel von GameStop, AMC und anderen bis vor Kurzem ausgesetzt, was zu solchen Nachrichten führte:

Pikanterweise gibt es eine Geschäftsbeziehung zwischen Robinhood und Citadel Securities, die ihrerseits eine Tochtergesellschaft des Hedgefunds Citadel LLC ist:

Ergänzung: In diesem Artikel ist von Juni 2020 die Rede (Link führt zur Quelle)


Citadel Securities hat also noch im Juni 2020 mehr als 35% der Einkünfte der Robinhood-Plattform beigesteuert. Citadel LLC wiederum ist (zusammen mit Point72 Asset Management) mit insgesamt 2.75 Milliarden US-Dollar in Melvin Capital investiert. Dieses Investment kam zustande, weil Citadel in den letzten Tagen im Rahmen des GameStop Short Squeeze Melvin Capital zur Seite sprang.

Vermutlich noch besser wird die Geschichte dadurch, dass Janet Yellen, die die Biden-Administration in dieser Sache beraten wird, 810.000 US-Dollar an Vortragsgebühren kassiert hat, die sie von Citadel akzeptiert hat.

Ein Schelm, wer Böses dabei denkt.

Was all das für die Zukunft bedeutet

Unabhängig davon, wie dieser Machtkampf letztlich ausgeht, ein Gewinner steht bereits jetzt fest: Dezentralisierung wie sie im Kryptobereich bereits jetzt zu finden ist. Es ist überhaupt erst möglich, WallStreetBets auszubremsen, weil die klassischen Finanzmärkte zentralisiert organisiert sind. Es bedarf nur sehr weniger Akteure, um den Handel auf bestimmte Aktien auszusetzen. Das wäre in dieser Form in der Kryptosphäre schlicht nicht möglich.

Vielleicht noch wichtiger: In einer dezentralisierten Umgebung mit unausgesetztem Handel rund um die Uhr und an jedem Tag im Jahr würde jeder Akteur, der so verantwortunglos wie Melvin Capital handelt, gnadenlos abgestraft – und das völlig zu Recht.

Das Hauptproblem ist aber, dass die Regeln der Finanzwelt nicht für alle Marktteilnehmer gleichermaßen gelten. Das haben Kryptowährungen und dezentralisierte Kryptotauschbörsen längst behoben, weil Finanzaufsichtsbehörden dort durch Code ersetzt wurden. Es ist kein Zufall, dass Bitcoin in Reaktion auf die Finanzkrise 2008 entwickelt wurde.

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